Corona wirbelt die Welt der Unternehmensbewertung durcheinander – erstmals negativer Basiszinssatz nach IDW-Methodik

Aktienmärkte, M&A-Transaktionen und sonstige Bewertungsanlässe sind durch Corona-bedingte Verwerfungen bereits seit längerem betroffen. Infolge der einbrechenden Absatzmärkte und der Ungewissheit des zukünftigen Konjunkturverlaufs ergeben sich besondere Schwierigkeiten bei der Abschätzung der künftigen Erträge und Cashflows. Diese Schwierigkeiten sind bereits aus vielen Krisen bekannt.

Neu sind Verwerfungen auf der Kapitalkostenseite. Unternehmensbewertungen umfassen jedoch neben der Prognose der Cashflows die Abschätzung der geforderten künftigen Renditen (Kapitalkosten). Diese ergeben sich aus einem risikolosen Zinssatz (Basiszinssatz) und Risikoprämien. Infolge der durch die Stützungsmaßnahmen der Notenbanken verursachten Verwerfungen auf den Finanzmärkten ergeben sich nunmehr negative Basiszinssätze (-0,10 %) für die Unternehmensbewertung.

Der Basiszinssatz wird in der Praxis der Unternehmensbewertung nach einer einheitlichen – vom Institut der Wirtschaftsprüfer IDW verlautbarten – Methodik für eine gedachte, unendliche Geldanlage berechnet. Nach dieser Methodik muss ein Investor dauerhaft davon ausgehen, dass er bei risikoloser Anlage des Geldes Strafzinsen in Höhe von -0,10 % zahlen muss. Diese Situation ist in der Geschichte der Unternehmensbewertung einzigartig. Zwar sind es Geldanleger schon seit längerem gewohnt, dass kurz- und mittelfristige Geldanlagen nur negativen Zinszahlungen erbringen. Der Gedanke, dass auch unendliche Geldanlagen negative Zinsen erbringen, ist aber für alle Unternehmenskäufer und -verkäufer oder aber für in Squeeze Outs zwangsweise abzufindende Aktionäre neu.

Unternehmensbewerter diskutieren daher zur Zeit intensiv über die Frage, wie mit den negativen Zinssätzen umzugehen ist: Müssen die Modelle zur Ableitung der geforderten Renditen aus den Zeiten positiver risikoloser Zinssätze angepasst werden, weil sie nicht mehr zeitgemäß sind? Oder werden wir uns künftig schlicht an deutlich niedrigere Renditen und steigende Unternehmenswerte auch bei gesunkenen Ertragserwartungen gewöhnen müssen? Das derzeitig immer noch hohe Niveau der Aktienmärkte trotz bevorstehender Rezession lässt dieses zweite Szenario als nicht völlig abwegig erscheinen.

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